06.10.2022

Eine lange und wechselhafte Geschichte

Limburg – Das Geben aus Wohltätigkeit ist fast so alt wie die Menschheit selbst. Bereits um 1550 vor Christus war davon die Rede. Viel hat sich seitdem verändert und gewandelt. Eine Zeitreise durch die Geschichte des Fundraising – von den ersten Quellen bis heute.

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Die frühesten Formen

Bereits im ägyptischen Totenbuch, das um 1550 vor Christus auf Papyrus niedergeschrieben wurde, war die Rede davon, den Hungernden Brot und den Durstigen Wasser zu geben. Im Gegenzug erhalte man dann ein Leben nach dem Tod.

 

Auch in den späteren religiösen Schriften des Christentums, Judentums, Islams, Hinduismus und Buddhismus ist das Geben aus Wohltätigkeit ein fester Bestandteil.

 

Im 10. Jahrhundert errichtete man Suppenküchen in der chinesischen Song-Dynastie und 1552 eröffnete Roxelana, die Frau des damaligen Sultans des osmanischen Reichs, in Jerusalem eine Zuflucht für Witwen, Waisen und Arme – Wohltätigkeit und Spenden waren also schon sehr früh auf sämtlichen Kontinenten verbreitet.

 

In Europa wurde im Mittelalter vor allem der Bau von Kathedralen von der Zivilgesellschaft finanziert. Der wohl berühmteste Fundraiser dieser Zeit: Johann Tetzel. Mit dem Erlös aus dem Verkauf seiner Ablassbriefe unterstützte er unter anderem sogar den Bau des Petersdoms.

 

 

Spätestens mit Martin Luthers 95 Thesen, die den Ablasshandel anprangerten, aber auch schon zu seinen Lebzeiten, geriet Tetzel mit seinen unlauteren Methoden dann aber in Verruf.

 

Von 1900 bis 1913: Zur Geburtsstunde des modernen Fundraisings

1903 wurde Frank L. Pierce damit beauftragt, Geld für den Bau eines neuen Gebäudes für die YMCA (Young Men’s Christian Association) in Washington D.C. aufzubringen. In zwei Jahren sammelte er 270.000 Dollar, wozu sogar die Rockefellers 50.000 Dollar beisteuerten. Bis zum Ziel fehlten allerdings immer noch 80.000 Dollar – und der Spendenfluss nahm langsam ab.

Deswegen tat Pierce sich 1905 mit Charles Sumner Ward zusammen und gemeinsam starteten sie eine Kampagne, die nicht nur in Rekordzeit das restliche Geld einbrachte, sondern auch Tools und Techniken für Fundraising definierte, die bis heute Verwendung finden.

Bischof William Lawrence, damals Pastor der St. Johns Memorial Church in Harvard, sah sich etwa zur gleichen Zeit auch mit einem finanziellen Problem konfrontiert. Er war für die Harvard-Alumni zuständig und sollte 2,5 Millionen Dollar aufbringen, um die Gehälter von Professoren zu finanzieren.

Bis dato hatten Alumni sich gerne an Finanzierungsprojekten beteiligt, doch für die hatte es bisher immer eine Gegenleistung gegeben, wie zum Beispiel den Bau eines neuen Gebäudes oder andere Verbesserungen am Campus. Lawrence befürchtete, dass die Alumni nicht helfen würden, wenn sie die Veränderung, die sie finanzierten, nicht direkt sehen konnten.

Der Bischof entschied sich deswegen dafür, einen rein informativen statt emotionalen, eher zurückhaltenden Brief an die Alumni zu schreiben, in dem er respektvoll um Hilfe bat. Seine Überzeugung war: „Wenn du einen Mann mit deiner Persönlichkeit zu etwas zwingst, bekommst du sein Geld vielleicht einmal, aber kein weiteres Mal.“ Bischof Lawrence behielt recht – und erhielt im Rückfluss die vollen 2,5 Millionen Dollar.

 

Von 1914 bis 1945: Der erste und zweite Weltkrieg

Die beiden Weltkriege des frühen 20. Jahrhunderts prägten das Fundraising nachhaltig. Enorm große Geldsummen flossen an Militär und Krankenhäuser. Im ersten Weltkrieg arbeiteten Frank Pierce und Charles Ward sogar höchstpersönlich für das Rote Kreuz und nahmen innerhalb von acht Tagen 140 Millionen Dollar ein.

Während des zweiten Weltkriegs erlaubte der damalige Präsident der Vereinigten Staaten, Franklin D. Roosevelt, erstmalig Steuerabzug für Spenden von Unternehmen, um sie so zu sanktionieren.

Generell fand während des frühen 20. Jahrhunderts ein Wandel statt: Wo zuvor große Spenden von wohlhabenden Leuten dominierten, wurden nun auch Spender*innen aus der Unter- und Mittelschicht immer wichtiger und aktiver. Außerdem entwickelte sich Fundraising nach dem zweiten Weltkrieg von einer eher beratenden Tätigkeit in einzelnen Kampagnen zu einem Vollzeitjob.

 

Von 1949 bis 1970: Die Ursprünge der Spendenmarathons

Langsam normalisierte sich die weltliche Lage und die Menschen konzentrierten sich wieder auf den Alltag. Der Fernseher fand zu diesem Zeitpunkt seinen Weg in immer mehr Haushalte – und das machten sich auch Fundraiser zunutze. Sie strahlten sogenannte Telethons aus. Telethons waren lange Shows zum Sammeln von Spenden, meistens von einer Berühmtheit moderiert, in denen sich Entertainment und Spendenaufrufe stetig abwechselten, um die Menschen an ihren Geräten zu halten.

Die Shows steigerten die Reichweite von spendensammelnden Organisationen immens und verschafften ihnen – und vor allem ihrem guten Zweck – endlich mehr Gehör.

 

Fundraising-Geschichte von 1980 bis 2000: Werbekampagnen im Fernsehen

Auf Telethons folgten ausgewachsene Werbekampagnen im Fernsehen. Non-Profit-Organisationen bekamen die Möglichkeit, ihre Geschichte so schnell wie nie zuvor an viele Menschen gleichzeitig heranzutragen.

Lange waren diese aber ziemlich kontrovers, weil viele Organisationen, damals natürlich noch unerfahren, dramatisch, emotional und überspitzt warben. Erst in den 1990er-Jahren berichtete man mit positivem statt mit schockierendem Bildmaterial – eine Entwicklung, die auch heute noch von großer Relevanz ist.

Von 2000 bis heute: Der Einfluss von Internet, Smartphones und sozialen Medien

Das Internet schlug im 21. Jahrhundert ein wie eine Bombe. Plötzlich taten sich für Fundraiser*innen ganz neue Welten auf: Sie bauten Webseiten, die rund um die Uhr und auf der ganzen Welt über ihre Tätigkeiten informieren konnten, und entdeckten E-Mails als günstigere Alternative zur Post.

Auch Online-Spenden waren, unter anderem wegen der Gründung von PayPal im Jahr 1998, plötzlich möglich, und in Kombination mit den ersten Smartphones in den Jahren 2007 und 2008 wurde Spenden zu etwas, das man überall und zu jeder Zeit tun konnte.

Internet und Smartphones brachten dann gemeinsam eine weitere Neuerung: soziale Medien. Soziale Medien erlaubten es Fundraiser*innen, direkt mit ihren Spendern in Kontakt zu treten und verbreiteten ihre Inhalte sehr viel schneller an ein sehr viel größeres Publikum.

 

Eine langjährige Entwicklung

Wie man sieht, hat sich zwischen 1550 vor Christus und 2022 in der Fundraising-Branche eine ganze Menge getan. Fundraising wurde über die Jahre immer professioneller: Was als ein simples, fast handwerkliches Einwerben von Mitteln begann, oft gekoppelt an eine Gegenleistung, ist heute ein Prozess, hinter dem eine ausgeklügelte Strategie in Durchführung und Controlling steckt, aber auch viel Kreativität und Herzblut.

 

Mit der Unterstützung unserer Spender*innen, Stifter*innen finden Menschen im Bistum Limburg, die Hilfe benötigen, neue Perspektiven für die Zukunft. Ein Überblick zu konkreten Projekten aus dem Bistum Limburg.

Vielen Dank an GRÜN Alpha für die Vorlage.

Letzte Aktualisierung

29.11.2022